Bericht über das Symposium „Mädchen, MINT und Making“ auf der MS Wissenschaft (11.09.2023)

Symbolic picture for the article. The link opens the image in a large view.

MINT und Making passt nicht zu Mädchen und Frauen. – Falsch! Oft werden Kindern von klein auf stereotype Verhaltensmuster und Vorstellungen vermittelt. Dazu zählt auch das Stereotyp von der MINT-unbegabten Frau, die dem MINT-begabten Mann gegenübersteht. Fakt ist jedoch, dass immer mehr Frauen, inzwischen knapp über 30%, einen Abschluss im MINT Bereich absolvieren (Statistisches Bundesamt, 2023). Das liegt zum einen an individuellen Merkmalen eines jeden Menschen, Sozialisation- und Umwelteinflüsse sind jedoch ebenfalls relevant. Hierzu zählen unter anderem weibliche Rollenmodelle und Bildungsangebote im Bereich MINT und Making. Im Rahmen des Symposiums „Mädchen, MINT und Making“ auf der MS Wissenschaft im Hafen Nürnbergs konnten sich am vergangenen Montag, den 11.09.2023, viele Referent*innen und Interessierte über fachliches Wissen, Projekte und Ideen zum Themenbereich austauschen und diskutieren.

Die Veranstaltung begann mit einem lockeren und ungezwungenen Kennenlernen, was sich positiv auf die Stimmung legte. Im ersten Teil der Veranstaltung referierten fünf eingeladene Gäste zu deren Projekten. Die Vorträge holten auch Außenstehende ab, um in die Thematik „Mädchen, MINT und Making“ zu finden.

Die erste Referentin, Anna Schaffert (TU München), stellt als Studentin der Ingenieurwissenschaften ein Rollenmodell für Mädchen und junge Frauen dar. Sie engagiert sich ehrenamtlich als Peer Tutorin bei den Maker Days for Kids, welche sie in ihrem Vortrag genauer vorstellte. Auch wurde thematisiert, dass es schon beim Ausschreiben von Angeboten im Bereich „MINT und Making“ wichtig ist wie diese betitelt sind, damit sie auch weibliche, potentielle Teilnehmende ansprechen. Dabei gilt es vor allem die Wertigkeit hervorzuheben. Für jede*n soll auf den ersten Blick verständlich sein, um was es in dem Angebot geht und was es einem bringt.

Dr. Michael Heilemann (Universität Regensburg) ist einer der Zuständigen für MINTvernetzt – eine Anlaufstelle für außerschulische MINT-Angebote. Im Vortrag wurde verdeutlicht, dass insbesondere außerschulische Projekte einen weitreichenden Beitrag leisten, um Mädchen für MINT und Making Bereiche zu begeistern. Diese könnten jedoch noch besser mit anderen Angeboten vernetzt werden, sodass eine langfristige Förderung über mehrere Altersstufen möglich ist.

Im dritten Vortrag präsentierte Prof. Dr. Anna Keune (Technische Universität München) drei verschiedene Designansätze vor, die wesentlich für die Gestaltung von Angeboten im MINT und Making Bereich sind. In einem der Design-Ansatz wurde darauf hingewiesen, dass sich Mädchen und junge Frauen über empathieorientierte Aufgaben angesprochen fühlen. So werden sie unter der Aufgabe „help grandma“ erfinderisch und gestalten auf kreative Weise Dinge, die älteren Menschen im Alltag helfen können. Ein guter Ansatz, um Mädchen in den Bereich Making einzuführen und zu fördern.

Dr. Uta Bilow (TU Dresden) gab einen Einblick in das Projekt Netzwerk Teilchenwelt, welches aus rund 200 Wissenschaftler*innen besteht, die zur Teilchenphysik forschen. Sie schlossen sich zusammen, um ihr Forschungsgebiet insbesondere für Jugendlichen (und Lehrkräften) zugänglich zu machen. Das Projekt bietet unter anderem ein Stufenprogramm an, in welchem man auch Workshops am CERN besuchen kann. Im Zuge des Vortrags stellte sie außerdem Teilnehmerinnen vor, die erfolgreich an projektinitiierten Angeboten teilnahmen und nun erfolgreich im MINT- und Making-Bereich arbeiten, promovieren oder Postdocs sind.

Zuletzt führte Sophie Uhing (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Empirische Bildungsforschung) die Zuhörenden in das Projekt EnvironMINT ein. Dabei wurde insbesondere hervorgehoben, dass nicht nur außerschulische Projekte entscheiden sind, um Mädchen für MINT und Making zu begeistern. Neben den Fab Lab Akteuren spielen auch Eltern, Peers und Lehrkräfte eine zentrale Rolle, die möglichst in außerschulische MINT-Angebote eingebunden werden sollten.

Inspiriert von diesem Input konnte anschließend in fünf Gruppen der Austausch vertieft werden. Es wurde diskutiert, welchen Blick Jugendliche und v.a. Mädchen, Eltern, Praxis-Akteure und Lehrkräfte auf außerschulische MINT-Bildung und Making-Angebote haben, wie Strukturen verbessert werden können und welche Strategien und Lösungen zukunftsweisend sind. Eine weitere Gruppe entwickelte eine Idee für ein Angebot, inwiefern das Thema „Unser Universum“ ein thematischer Aufhänger für außerschulische MINT-Angebote sein kann. Um den Fokus nicht auf die Organisation eines solchen Angebots, sondern auf den inhaltlichen Aspekt, zu legen, war hier der Vorschlag bei Zeltlagern einen Abend mit verschiedenen Kursen zum Thema Universum anzubieten.

Nach der Diskussion in den Gruppen, wurden die Ergebnisse zusammengetragen. Folgende fünf Aspekte waren zentral:

  • Akteure in Fab Labs bringen ein großes fachliches Wissen mit. An Angeboten dafür, wie sie auch pädagogische und didaktische Kompetenzen erwerben können, mangelt es. Hier stellte sich die Frage: Welche Möglichkeiten oder Fortbildungen können dafür geschaffen werden?
  • Lehrkräften mangelt es häufig an zeitlichen Ressourcen, um sich in zusätzlichen Aktivitäten wie der Verknüpfung von außerschulischen Bildungsangeboten mit dem Unterricht zu engagieren. Aus Sicht der Praxisakteure wäre es wichtig, dass Lehrkräfte wissen, dass Dinge mit ihrer Schülerschaft einfach ausprobieren und dafür jemanden einladen können – anstatt im Vorfeld alles vollends planen zu müssen.
  • Eltern gilt es ins Boot zu holen, damit sie auch ihre Mädchen zu MINT-Angeboten anmelden. Zugleich ist es notwendig, dass sie während der MINT-Aktivitäten am Rand bleiben, um das kreative Ausprobieren und Schaffen der Jugendlichen nicht zu stören.
  • Es wurde diskutiert, dass Mädchen insgesamt ergebnisorientier zu sein scheinen und auch mehr Ernsthaftigkeit mitbringen. Dennoch bleibt oftmals der kontinuierliche Besuch in Fab Labs o. ä. aus. Im Laufe der Veranstaltung hörte man oft: „Mädchen können und wollen, wir müssen sie nur zu uns [zu den Angeboten] bringen!“ Wie schafft man es also Mädchen und junge Frauen beständig in solche Angebote einzubringen? Die Sensibilisierung für die Betitelung von den Angeboten ist ein Ansatzpunkt. Der Alltagbezug ein weiterer, um die Lebenswelt der Mädchen einzubeziehen, welche anders ist als die der Jungen – und im Teenageralter kommen die Jungen dann trotzdem gerne, da sie sich für das interessieren, was Mädchen interessiert.
  • MINT- und Making-Angebote nachhaltig und langfristig anzulegen heißt früh beginnen. Es sollte nicht eine einmalige Aktion sein, ist der eine Punkt. Und mindestens genauso wichtig ist es, dass möglichst früh, d.h. bereits im Kindergarten- und Grundschulalter Mädchen und Jungen mit MINT und Making in Berührung kommen.

Die genannten Schwerpunkte basieren v. a. auf praktischen Erfahrungen. Gelder für die Evaluation von außerschulischen MINT- und Making-Angeboten sind nicht immer gegeben. Um zu wissen, wie die Angebote wirken, braucht es noch weitere Forschung. Mit dem Symposium „Mädchen, MINT und Making“ wurde ein Rahmen geschaffen, bei dem Praxis-Akteure und Forschende auf Augenhöhe zusammengekommen sind und wechselseitig um viele Ideen inspiriert nach Hause gehen konnten. Es gilt auch künftig weiterhin im Dialog zu bleiben zwischen Praxis und Wissenschaft und auch ko-kreativ zusammenzuarbeiten.